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AutorenbildJeanette Bohn

Mein 100-Tage-Skizzenbuch-Projekt – Ergebnisse einer neuen Routine


Wer sich einer künstlerischen Herausforderung stellen möchte, findet dafür online organisierte 'Art-Challenges' wie Sand am Meer. Von Inktober bis Slowvember, von March of Robots bis Draw 365 – die Auswahl ist groß. Viele haben als Rahmen einen gemeinsamen Zeitraum, eine bestimmte Frequenz (meist täglich) und einen zugehörigen Hashtag. Unterschiede liegen im Thema, der Technik, den Regeln – und die Erfahrungen und Ergebnisse sind so vielfältig wie die Menschen, die sie in Angriff nehmen.

 

Ich tue mir allgemein schwer mit starren Konzepten, die zum Ziel haben, jeden Tag teilzunehmen, um Schritt zu halten. Ich habe für mich erkannt, dass mich das mehr stresst als inspiriert, daher nehme ich an diesen Challenges nicht mehr teil. Sollte ich irgendwann wieder Interesse daran haben, würde ich mir vermutlich selbst die Freiheit geben, abzuweichen oder auszusetzen.

 

Eine Challenge, die das von vornherein loser handhabt und eine individuelle Herangehensweise fördert, ist das 100-Tage-Projekt.

 

Hier ist die Idee, dass es einen gemeinsamen Startschuss gibt und motivierende E-Mails mit Anregungen und Gedanken. Es soll auch über den entsprechenden Hashtag dazu gepostet werden. Darüber hinaus definiert man aber ein eigenes Projekt und hat auch die Freiheit, Tage auszusetzen und damit die eigenen 100 Tage später zu vollenden.



Mein zweites 100-Tage-Projekt

 

2019 habe ich schon einmal ein 100-Tage-Projekt gemacht. Damals habe ich mich im Bereich User Interface Design weitergebildet und eine fiktive App designt, die ich dann in mein Portfolio packen konnte – was mir letztendlich einen neuen Job eingebracht hat! Und dabei habe ich damals die 100 Tage nicht mal abgeschlossen.

 

Erst dieses Jahr hatte ich wieder eine Idee und ein Projekt, das ich im Rahmen dieses Formats angehen wollte: Ich setzte mir das Ziel, 100 Tage lang experimentell in meinem Art Journal bzw. Skizzenbuch zu arbeiten. Grund dafür war, dass ich das Gefühl hatte, darin zwar fleißig Input zu sammeln und meinen Fortschritt zu dokumentieren, dass dabei aber mein Output zu kurz kam. Ich wollte sehen, ob ich es mir zur Gewohnheit machen konnte, regelmäßiger darin zu zeichnen, zu malen und zu experimentieren. (siehe auch: mein Blogbeitrag zum Thema Art Journal)


Gepostet habe ich währenddessen nichts, da ich mir alle externen Stressoren vom Leib halten wollte. Ich brauchte keinen externen Druck, um mich zu motivieren.



In Zahlen

 

Insgesamt habe ich 120 Tage gebraucht, hatte also 20 Aussetzer (davon die meisten erstaunlicherweise an Wochenenden). Ich habe mit vielen unterschiedlichen Materialien und Techniken gearbeitet, 38 Gedankenanstöße notiert für Tage, an denen man keine Ideen hat, und 28 Punkte an "Erkenntnissen".

 

Anhand der ausgesetzten Tage kann ich meine Motivationskurve gut nachvollziehen – den Knick nach der Hälfte mache ich daran fest, dass zu dem Zeitpunkt einfach ein bisschen die Luft raus und ich parallel mit der Organisation der Ausstellung beschäftigt war. Gegen Ende, mit der Vorbereitung dieses Blogposts und dem Willen, die 100 nun endlich voll zu kriegen, konnte ich mich wieder deutlich besser motivieren und habe noch einmal viel Mühe in die einzelnen Arbeiten gesteckt.


Ergebnisse und Erkenntnisse

 

Ich habe viel gelernt! An Tagen, an denen ich mich total unkreativ fühlte und eher unmotiviert vor mich hinkritzelte, legte ich oft den Grundstein für produktivere Tage. Aus diesen scheinbar ziellosen Skizzen entstand häufig eine Idee, die ich weiterentwickeln konnte. An etwas festzuhalten, das mir am ersten Tag nicht direkt gefallen hatte, lieferte dann oft die spannendsten Ergebnisse. Ergo: Einfach mal öfter dran bleiben.



Am meisten habe ich mich überrascht, wenn ich den Kopf ausgeschaltet und einfach gespielt habe. Und dass man von jeder Kleinigkeit inspiriert sein kann, zeigte mir eine Seite, die auf einem kleinen Fleck basierte – eine Inspiration zu einer Serie von Mini-Silhouetten-Figuren.



Ich musste auch oft an mein Studium denken. Bei Prof. Ludes lernten wir damals das Konzept des "gesteuerten Zufalls": etwas Zufälliges gezielt zu erzeugen und weiter zu nutzen – wie mit schnell hingeworfenen Aquarellspuren, die ich dann nachzeichnete und zu organischen Gebilden heranwachsen ließ.



Außerdem: Es gibt immer eine nächste Seite, ein nächstes Experiment. Also wenn etwas nicht so gut gelingt oder mir nicht gefällt – sei es drum! "Bad Drawing Days" hat jede und jeder von uns, und das ist absolut in Ordnung. Außerdem hat es auch Vorteile, zu erkennen, wenn uns eine Technik nicht liegt oder uns ein Ergebnis nicht gefällt – dann sollten wir vielleicht einfach an bzw. mit etwas anderem arbeiten. Ohne es auszuprobieren, würden wir das nicht herausfinden.



Fazit

 

In meinen Augen hat sich auch mein zweites 100-Tage-Projekt gelohnt. Zu meinen eigenen Bedingungen habe ich mir eine Skizzenbuch-Routine erarbeitet. Das Art Journal ist noch besser in meinen Alltag integriert, ich habe Spaß am Kritzeln und Ausprobieren und sogar das Gefühl, dabei meine Gedanken besser ordnen zu können. Es wird also keinesfalls bei 100 Tagen bleiben. Ohne zu zählen, werde ich versuchen, diese Routine entspannt beizubehalten.

 

Möchtest du auch an einer Creative Challenge teilnehmen? Probier's aus! Und wenn du merkst, dass ein Format nicht zu dir passt oder dich stresst, ist ein Abbruch immer legitim. So lernt man schließlich auch, was einem liegt und was eher nicht.


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