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Von Klängen zu Pinselstrichen – der künstlerische Prozess beim Albumcoverdesign

Traumjob "Plattencoverdesigner:in"


Von allen Auftragsarbeiten reizen mich Plattencover am meisten. Hier kommt so viel zusammen, was mich interessiert – die Musik, die Texte, die Übersetzung von Rhythmus und Klang in Bilder, in Kombination mit einem eher losen Briefing und der Möglichkeit, mich künstlerisch stark einzubringen. Es eröffnet mir eine Spielwiese und schafft mir einen Startpunkt für meine Kreativität.


Wie ich bereits im Blogbeitrag "Kontraste in Kunst und Musik. Eine Analogie." erörtert habe, gehört Musik sowieso zu meinen Hauptinspirationsquellen während des Malens. Dem Hören kommt in dem Fall aber nochmal eine größere Bedeutung zu.


Ein Auftrag aus Hamburg


Als der Auftrag für diese CD kam, habe ich mich riesig gefreut. Es war die perfekte Ausgangslage: Ich bekam die Musik, die Lyrics und ein paar Notizen zu den Gedanken dahinter. Die Interpretation und die Übersetzung in ein Design waren mir völlig freigestellt.


Ich bekam lediglich den Hinweis, es dürfe ruhig auch abstrakt sein. Der Auftraggeber war eine Band aus Hamburg namens Parity Boot, die Industrial Thrash Metal machen. Hinzu kam dann noch mein eigener Anspruch, ein eigenständiges und modernes Design zu kreieren, das dennoch in die Metalwelt passt.


Inspirationen und Experimente: Von der Idee zum Design


Mit der Musik auf den Ohren fing ich an, erste Ideen auf dem iPad zu skizzieren. Wir hatten vorher nicht festgelegt, ob ich die Artworks digital oder analog erstellen würde. Im Prozess kam mir die Idee, dass die digitale Umsetzung den Vorteil hätte, dass die automatisch generierten Prozessvideos ein gutes Ausgangsmaterial für Musikvideos wären. Dieser Gedanke und die hohe Flexibilität des Programms veranlassten mich dann, die Grafiken digital zu erstellen, sie aber mit analog erstellten Farbspuren und Fotos zu "remixen" und ihnen so eine real anmutende Rotzigkeit zu verleihen.


Ich legte mich früh auf ein blutorange-schwarz-weißes Farbschema fest, weil mich die Beschreibung zum Titelsong lose an so etwas wie "12 Monkeys" und "Einer flog über das Kuckucksnest" erinnerte und ich die "Wahnsinns"-Thematik mit diesen starken Farben assoziiere. Außerdem wendete ich alles an, was ich über kontrastreiche Bildgestaltung weiß, um eine spannende und reizvolle Komposition zu erzielen, ohne etwas wirklich Konkretes darzustellen.


Als ehemalige Artdirektorin habe ich Erfahrung mit allen möglichen Grafik- und Layoutprogrammen und konnte frei Schnauze ausprobieren und mich austoben. Es war einfach ein Riesenspaß.


Konkret setzte ich die treibenden Rhythmen mit schnellen Pinselstrichen um und verlieh dem ganzen durch multiplizierte Strukturen eine gewisse Rohheit und einen eigenen visuellen Reiz. Ich glaube, dass man die Energie und das Tempo der musikalischen Vorlage dem Ergebnis durchaus ansieht.



Grafische Experimente


Feedback und Ausarbeitung


Ich hatte das Glück, dass die Band meine Ideen und Entwürfe von Anfang an mochte und wir uns sehr schnell auf einen meiner Cover-Entwürfe einigten. Parallel designte Dörte Benzner ein neues Bandlogo. Als nächstes ging es um die Gestaltung des Booklets, für welches ich die Elemente des Covers (Pinselstriche, Farbwelt, Schräge, Remixes) aufgriff und weiter damit spielte.



Erste Entwürfe


Während des ganzen Prozesses gab es von den Musikern nur Detailfeedback. Ich habe mich selten in einem Designprojekt so frei und wertgeschätzt gefühlt. Da kommt man schon mal ins Zweifeln, ob man eigentlich hauptberuflich weiterhin Apps gestalten will ;) Die Realität holte mich lediglich bei der Druckdatenerstellung ein, weil das der ganz normale Print-Struggle war und ich mir die ganze Zeit sehnlichst gewünscht habe, dass der Druck gut wird und wir alle erdenklichen Fehler vermeiden.


Das Ergebnis


Es war ein besonderer Tag, als ich die CDs (Jewel Case sowie Digipack) endlich im Briefkasten hatte und ich das Ergebnis mit eigenen Augen sehen konnte: ein hochwertiger Druck mit satten Farben, so wie es sein sollte! Noch unwirklicher ist es allerdings, mein Artwork auf Spotify zu sehen oder in Metalmagazinen. Ich bin stolz auf das Ergebnis und freue mich über die vielen guten Bewertungen für die Musik.



Fertige CD & Booklet


Meine Artworks auf Spotify: Album und Single


Ich hoffe auf noch mehr Cover-Projekte und wünsche mir, dass irgendwann auch mal ein Vinylprojekt darunter ist. Mein Artwork als Plattencover, das wäre doch ein Traum.


In der Zwischenzeit arbeite ich gerade analog an einer Bildserie zu einem meiner Lieblingsalben. Zu jedem Song wird ein Bild entstehen, das sich auf Text und Musik bezieht. Die Idee kribbelt richtig und ich habe sehr viel Spaß daran, die Entwicklung zu erleben und zu staunen, was daraus entsteht. Der Auftraggeber bin hier allerdings ich selbst.

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