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Ausstellung meiner HaBits Serie – Momentaufnahmen zwischen Atelier und Galerie, Teil 1

Aktualisiert: 12. Apr.

Hinter mir liegen ereignisreiche Monate. Am 27.02. eröffneten Vitus Thanner und ich unsere Ausstellung "Zerklüftet & zerrissen" im Nebbienschen Gartenhaus in Frankfurt. Während die Besucher und Besucherinnen nur das finale Ergebnis gesehen haben, möchte ich hier einen kleinen Einblick hinter die Kulissen geben, der vielleicht andeutet, wieviel Zeit und Aufwand in den Werken und in der Vorbereitung steckt. So ist eine Art Logbuch wichtiger Momente entstanden. Und weil es so viele sind, mache ich zwei Teile daraus.

 

TEIL 1 –

Vom ersten Pinselstrich bis zur Hängung der Ausstellung


Mi, 28. August 2024, abends

Ich hatte da noch diese Leinwandboards, auf denen ich schon gearbeitet hatte, aber das Ergebnis gefiel mir nicht. Da dachte ich eben: Ach, ich geh jetzt mit Farbe und meinen neuen Werkzeugen drüber. Und bin hingerissen! Die Farbspuren dieser gezahnten Plastikspachtel wirken so anders als alles, was ich mit einem Pinsel auftragen kann. Ich frage mich, was da inhaltlich drinsteckt – und sehe flimmernde Bildschirme. Ob ich da noch mehr draus machen kann?


Farbexperimente, HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Mi, 16. Oktober 2024, morgens

Das Skizzenbuch füllt sich mit immer mehr Ideen und Gedanken zum Thema. Auf der Bahnfahrt gerade habe ich mal wieder einen Fahrgast gezeichnet, der tief in sein Smartphone versunken war. Es brodelt in mir, da ist so viel, was ich wahrnehme und ausdrücken möchte.


Art Journal, HaBits Serie, von Jeanette Bohn

So, 27. Oktober 2024, nachmittags

Gerade habe ich meine Bewerbung für eine Ausstellung im Nebbienschen Gartenhaus abgeschickt, zum zweiten Mal. Als Mitglied des Frankfurter Künstlerclubs hat man einmal im Jahr die Chance, sich darauf zu bewerben – letztes Jahr wurde ich abgelehnt. Da ich den Raum nicht mit einer Bildserie allein füllen kann, habe ich in meinem neuen Konzept versucht, mehrere Bildserien zu vereinen. Jetzt kann ich nur hoffen, dass meine jüngeren Bilder und der neue Ansatz besser ankommen. Gut, dass ich vorher noch das erste figürliche Bild der neuen Serie fertiggestellt habe: "Connected". Nach langem Überlegen habe ich entschieden, die beiden Figuren im Bild nicht weiter auszuarbeiten, sondern sie als verblassende Realität der überbordenden SocialMedia/News/Online-Welt entgegenzusetzen.


Making of "Connected", HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Fr, 29. November 2024, nachmittags

"Dieser Junge steht am Rand und mit nichts in der Hand / Ohne Angst in den Augen, mit dem Rücken zur Wand" höre ich die Textzeile eines Songs in mir widerhallen, während das, was ich da vor mir sehe, das ganze Gegenteil ist. Ich stehe in einer Bahnstation und sehe einen Jungen, den Rücken jedoch der Welt zugedreht, die er ausblendet, während er mit Kopf und Smartphone an einer Wand lehnt, ganz woanders ist, überall, nur nicht hier. Das Bild werde ich tagelang nicht mehr loswerden. Ich muss das malen.

 

Making of "Cornered", HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Sa, 30. November 2024, spätabends

Das Warten hat ein Ende. Es hieß, wir bekämen bis Ende November Bescheid und ich war schon tagelang ganz aufgeregt. Jetzt kam endlich die E-Mail und sie fällt auch noch positiv aus: Ich darf ausstellen! Es heißt, es seien 53 Bewerbungen gewesen und 16 Ausstellungstermine, und man biete mir eine Doppelausstellung zusammen mit Vitus Thanner an (den ich noch nicht kenne). Und zwar schon im Februar. Ach du scheiße! Wie soll ich das denn so kurzfristig stemmen? Zumal wir auch schon ganz bald ein gemeinsames Konzept dafür einreichen sollen, bebildert, für's Jahresprogramm. Mir wird ganz schwindelig bei dem Gedanken. Gleichzeitig ist es wahnsinnig wohltuend, zu wissen, dass ich mich künstlerisch offenbar weiterentwickelt habe und die externe Jury aus Kunsthistoriker:innen und Galerist:innen mich dieses Mal ausgewählt hat.

 

So, 08. Dezember 2024, vormittags

Mir gegenüber sitzt Vitus, der mir erzählt, dass er Design studiert und einen Background in Ergotherapie hat. Wir haben uns auf einen Kaffee getroffen, verstehen uns auf Anhieb und ich kann mir gut vorstellen, dass wir dieses Projekt zusammen gestemmt kriegen. Wir sprechen über unseren Ausstellungstext und wie wir unsere beiden Ideen kombinieren könnten. Vitus' Arbeiten sind abstrakt, er bearbeitet Dämmstoffe mit Chemikalien und sprüht sie in bunten Farben an. In seinem Konzept hat er sie mit Planetenoberflächen verglichen. Mein Plan ist, mich ganz auf meine aktuelle Bildserie "HaBits" zu konzentrieren und diese bis zur Ausstellung fertig zu malen. Ich hoffe, dass es konsistenter wirkt, wenn wir nur zwei Themen kombinieren und nicht fünf. Wir beschließen, dass der gemeinsame Nenner die Technologie sein soll – jene, die uns dient, aber auch jene, die uns schadet.


Mi, 29. Januar 2025, abends

Gerade habe ich das Buch "Wer bin ich, wenn ich online bin.. und was macht mein Gehirn solange?" von Nicholas Carr fertig gelesen. Es ist nach "Hooked" von Nir Eyal und "Digitaler Minimalismus" von Cal Newport das dritte in meiner Recherche. Ich weiß gern, wovon ich spreche, selbst wenn meine Sprache gemalte Bilder sind. Gelernt habe ich, warum digitales Multitasking unserem Fokus und unserem Erinnerungsvermögen schadet, wie die Social-Media-Konzerne ihre Software anhand von Glücksspielmechanismen optimieren und welche Strategien man einsetzen kann, um dagegen anzukämpfen. Ich finde es faszinierend, dass sich vieles, was ich lese, schon in meinen Bildern zu befinden scheint.


So, 02. Februar 2025, abends

Mein Atelier füllt sich mit fertigen und fast fertigen Bildern. Ich bin guter Dinge. Bei den unfertigen Motiven weiß ich genau, was noch zu tun ist. Und selbst mein Sorgenkind, das Bild "Mirror, mirror on the wall", ist endlich fertig. Es befindet sich auf einer 80x80cm großen Leinwand, auf welcher mein zuerst begonnenes Motiv einfach nicht gelingen wollte. Irgendwann habe ich dann entschieden, es zu übermalen. Ich bin sehr glücklich mit der Entscheidung, denn die Spuren des Bildes darunter tragen sogar positiv zum jetzigen Motiv bei. Gleich fotografiere ich es zusammen mit "Connected", um kleine Drucke zu bestellen. Ich will bei der Ausstellung testen, ob sich sowas verkauft.

 

Gemälde WIP, HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Mini-Drucke, HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Sa, 22. Februar 2025, abends

Heute war mit Abstand der Tiefpunkt meiner Ausstellungsvorbereitung. Wie es sich für einen Profi gehört, wollte ich meine fertigen Bilder mit einem UV-Lack beschichten, um sie vor Kratzern und Sonnenlicht zu schützen. Außerdem gibt der seidenmatte Lack den Bildern einen leichten Schimmer und lässt die Farben noch kräftiger wirken. Bisher habe ich mich dabei jedes Mal darüber geärgert, dass ich es nicht schaffe, diesen Prozess staubfrei hinzubekommen, und aufgrund der Tatsache, dass es auf meinen aktuellen Bildern große, einfarbige, helle Flächen gibt, auf denen man jedes Staubkorn sehen würde, mache ich mir unglaublichen Stress. Das wäre schließlich das Worst Case Scenario, dass ich die Bilder auf den letzten Drücker verderbe. Aber ich will mich auch nicht geschlagen geben.

 

Mein Atelier erinnert heute an Breaking Bad – ein mit Plastikplanen abgehangener Bereich, ich mit Atemschutzmaske, pure Anspannung. Immer wieder muss ich auf den Bildern den Lack wieder ausstreichen, weil sich doch Partikel festsetzten. Jetzt, am Ende des Tages, habe ich nur drei der sieben großen Bilder lackiert, bin aber immerhin mit diesen zufrieden. Morgen folgen also noch die restlichen vier. Knapper geht's kaum, da die Bilder übermorgen gehängt werden sollen. Ich kann kaum schlafen vor Aufregung.

 

Lackierungsset, HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Mo, 24. Februar 2025, nachmittags

Heute war das komplette Gegenteil des Wochenendes: Alles lief wie am Schnürchen. Meine fertig lackierten, frisch verpackten Bilder und ich wurden von Vitus mit dem Auto abgeholt. Marcus Dern war bereits vor Ort – er kennt das Häuschen in- und auswendig und organisiert für den Verein die Hängungen gemeinsam mit den ausstellenden Künstler:innen. Seine Erfahrung und Kompetenz, aber vor allem seine Ruhe und Engelsgeduld sorgten dafür, dass dieser Tag zu einem vollen Erfolg wurde – selbst, als Vitus noch eben letzte Bilder bearbeitete und rahmte. Wir hatten vorher keinen konkreten Plan für die Verteilung gehabt, aber mit Fragen wie "Welche Bilder sind euch am wichtigsten?" oder Vorschlägen à la "Hier noch eine Idee, wie man das lösen könnte" näherten wir uns Stück für Stück einer fertigen Ausstellung. Ich bin unglaublich erleichtert! Es ist so toll geworden, ich kann es kaum erwarten, das Ergebnis zu zeigen und die Besucher:innen zu begrüßen.


Hängung, HaBits Serie, von Jeanette Bohn

Teil 2 folgt in Kürze :)

Dann mit Momentaufnahmen von der Vernissage bis zum Verkauf.

 

Wollt ihr bis dahin vielleicht einen Blick in die nun vollständige Galerie der HaBits Serie werfen?

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