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AutorenbildJeanette Bohn

Flucht nach vorn oder wie ich lernte, Aquarell zu lieben

Aktualisiert: 4. Dez. 2022



Meine charakteristische Technik


Durch Zufall gelang mir einst etwas, das gar nicht so leicht ist – ich fand eine Technik, die sonst keiner in dieser Form nutzt. Ich hatte so viel Spaß daran, dass ich sie über Jahre kultivierte und verbesserte. Mit Markern und Kugelschreibern erzeugte ich in meinen Skizzenbüchern eine Art Wischeffekt, der meinen Zeichnungen eine interessante Tiefe verlieh. Da sich die Marker farblich schlecht mischen lassen und mir diese pur meist zu knallig waren, hatte ich zudem sehr schnell meine „unaufdringliche“ Lieblingsfarbe entdeckt und benutzte nichts anderes mehr. Ein starkes Wiedererkennungsmerkmal.



Probleme über Probleme


Dann fingen die Probleme an. Zuerst änderte der Skizzenbuchhersteller sein Papier, und der Wischeffekt funktionierte nicht mehr – die Farbe zog einfach viel zu schnell ein. Alles Nachfragen half nichts – ich bekam keine Infos zu der Änderung heraus, vermutlich Betriebsgeheimnis. Eine Weile kaufte ich dann für viel Geld deren alte Bücher auf. Immer im Hinterkopf, dass meine Technik nun ein Ablaufdatum hätte, wenn ich keinen Ersatz finden würde.


Als nächstes machte ich mich daran, Papierproben zu bestellen und zu testen, wobei ich welche fand, die ähnlich funktionierten, aber nie genau so. Auf einem, mit dem ich halbwegs zufrieden war, realisierte ich endlich auch größere Zeichnungen, weil ich jetzt A4 und A3 Bögen hatte. Ein so entstandenes Motiv in A4 schaffte es sogar an die Wand. Herrlich!


Wäre dann nur nicht so offensichtlich geworden, dass Marker nicht für die Ewigkeit gemacht sind – das Motiv verblasste einfach nach und nach. Und meine Freude an der Technik ebenso.



Flucht nach vorn


Ich hatte unterdessen beim Malen mit Acryl entdeckt, dass mir der Umgang mit Farbe großen Spaß macht und mir überlegt, dass ich das gern beim Urban Sketching auch mal einsetzen würde. Also kaufte ich kurzerhand ein kleines Aquarellkästchen, außerdem Tuschestifte und einen Pinsel mit Wassertank. Ich erwartete nicht viel, weil ich zu Schulzeiten den Farbkasten nie sonderlich mochte und ich auch nicht sicher war, ob mir die Technik liegen würde.


Das bildhübsche Porto


Ich war mehr als überrascht, wie problemlos mir der Umstieg gelang. Das lag aber vermutlich auch am wunderschönen, farbenprächtigen Porto. Ich hätte mir für den Anfang wirklich kein malerischeres Motiv aussuchen können. Die bunten Häuser überall, kleine verschachtelte Gässchen und windschiefe Bauten, dazwischen der Fluss mit seinen Brücken und natürlich das Meer – ich wusste gar nicht, was ich zuerst zeichnen sollte. Das Aquarellieren fiel mir wider Erwarten erstaunlich leicht und ich genoss sofort die Freiheit des Mischens. Ich kann die Farben pur und damit intensiv leuchtend einsetzen oder zum Entsättigen mischen, und durch mehr oder weniger Wasser die Deckkraft steuern. Und sie trocknen komfortabel schnell, beinahe ohne Wartezeit. So viel Freiheit, so viel Leben in den Bildern.



Fazit


Auch wenn ich „meiner“ Technik etwas hinterher trauere und ich leider dadurch auch dessen Einzigartigkeit einbüße, muss ich sagen, dass ich die Farbenpracht so sehr genieße, dass ich nicht mehr zurück möchte. Und reist nach Porto, es lohnt sich.

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